Als «Stapi» will Melanie Mettler (GLP) wieder für mehr Ideenwettbewerb sorgen

Die Fesseln der Eintönigkeit sprengen

Sacha Jacqueroud
Von Sacha Jacqueroud - Chefredaktor
Krempelt die Ärmel hoch und ist bereit für Bern: Melanie Mettler (GLP).

Foto: zvg

Einfach erklärt
Nationalrätin Melanie Mettler (GLP) kandidiert als Stadtpräsidentin und Gemeindepräsidentin von Bern. Sie erzählt, wie wichtig es ihr ist, alle Meinungen anzuhören und daraus Lösungen zu erarbeiten.
Rot und grün sind zweifelsohne schöne Farben. Aber mit der Zeit halt eintönig, findet Melanie Mettler. Ihre Partei bringt ein bisschen blau mit, ohne das Grün zu vergessen. Symbolisch genau das, was Melanie Mettler als Stadtpräsidentin will: mehrere Perspektiven einbeziehen und daraus die beste Lösung für alle erarbeiten.

Die Kinder machen es vor. Mit einem bunten Strauss an Ballons stolzieren sie durch den Bümpliz-Märit. Grüne, SP, Mitte, GLP, FDP, SVP sind zugegen, einige verteilen Ballons an die Kinder. Lediglich der Ballon mit der Aufschrift «Police» schiebt sich weiss und dezent zwischen die bunten Farben der Parteien. Hauptsache bunt und alles dabei, denken sich die Kinder und präsentieren vergnügt ihre Ausbeute. So bunt und schön wie die Kinderwelt und der Bümpliz-Märit soll auch die Berner Politik werden. «Viele sehnen sich wieder nach mehr Ideenwettbewerb; das höre ich nur allzu oft. Es ist an der Zeit, wieder weiter zu denken als nur in den Machtstrukturen der letzten Legislaturen», sagt Nationalrätin Melanie Mettler. Der Wunsch komme nicht von ungefähr. 45 % der Bevölkerung seien derzeit kaum vertreten.

Vernachlässigte wieder einbeziehen

Eine Gruppierung sind die Gewerbetreibenden. Viele Mitglieder des KMU Bern West fühlen sich von der Politik im Stich und alleine gelassen. Auch das verdeutlicht der Bümpliz-Märit. «Wenn ich sowas höre, dann ist das längerfristig nicht gut für die Stadt. Bern hat dem Gewerbe zu wenig Sorge getragen. Ich glaube, der Dialog war in letzter Zeit zu wenig gut geführt. Doch es gibt viele verschiedene Nutzungsanforderungen. Es geht darum, die verschiedenen Bedürfnisse zu vereinen und die besten Lösungen zu finden. Das ist keine einfache Aufgabe. Die Wirtschaft muss da ihre Verantwortung ebenfalls wahrnehmen.» Und schon tritt eine Eigenschaft der Nationalrätin zu Tage, die man durchaus als typisch schweizerisch bezeichnen darf: der Kompromiss. Mettler will nicht das eine mit dem anderen austauschen, sondern das eine mit dem anderen verknüpfen. Einbeziehen statt ausschliessen. «Mein politischer Antrieb ist, mutig mit anderen Leuten in den Dialog zu treten, um Lösungen zu entwickeln, die man zu Boden bringt.»

Die demografische Herausforderung

Das klingt wie eine Eigenschaft, die während vielen Jahren der Arbeit im Nationalrat gereift ist. «Ich bin dankbar für den Rucksack, den ich aus dem Bundeshaus mitnehme. Er ist gut gefüllt und nun bin ich bereit für die Aufgaben in der Exekutive.» Mettler brennt dafür, sich für ihre Heimat, ihre Stadt, einzubringen. Nicht zuletzt, weil sie mancherorts dringenden Handlungsbedarf erkennt. «Wir haben etliche Investitionen aufgeschoben. Im Schulraum etwa. Der Bedarf an energetischen Sanierungen, Klimaanpassungen … es gibt einen hohen Investitionsbedarf, um sich an die Veränderungen anzupassen. Die demographische Entwicklung trifft Städte immer besonders stark. Das heisst, es wird mehr kosten. Gleichzeitig ist es schwer, an anderen Orten einzusparen.» Und wo lauern da die Lösungen? Mettlers Leidenschaft wird bei dieser Frage erneut entfacht: «Wir haben in Bern hohe Standards. Das ist grundsätzlich gut, wir müssen Ausgaben regelmässig überprüfen und effizienter gestalten, da läge viel Sparpotenzial drin.» Doch die GLP-Politikerin will nicht nur einsparen, sondern auch auf der Einnahmeseite optimieren – ohne die Steuern gleich anzuheben: «Gute Steuerzahler und gute Wirtschaftsbetriebe sind wichtig, um genügend Einnahmen zu generieren. Ihnen gilt es Sorge zu tragen. Das Ziel muss sein, die Steuern zu halten. Es ist ja das Grundprinzip der Politik, nur so viel Steuern zu verlangen, wie wirklich benötigt werden.» Reicht diese Tendenz aus, um die demografischen Herausforderungen zu meistern? «Nein, auf der Ausgabenseite müssen die Leistungen klar priorisiert werden.» 

Bern kann mehr

Und das geht nur im Dialog mit allen Beteiligten. Willkommen zurück in der Welt von Mettlers Stärken. Damit schliesst sich das Oval der farbigen Luftballons. «In Zeiten solcher Herausforderungen ist es enorm wichtig, alle miteinzubeziehen und so lange miteinander zu diskutieren, bis man eine Lösung erarbeitet hat.» Die Worte klingen weder politisch geschliffen noch fahl wie leere Phrasen. Mettlers Ballon soll mit dem Helium der Ideenvielfalt Bern zu einem Höhenflug verhelfen. Betrachtet man Bern als Grossraum, wäre es die drittgrösste Stadt der Schweiz. Die Fusionsbereitschaft ist aber nicht zuletzt deshalb so klein, weil etliche Agglomerationsgemeinden nicht restlos glücklich sind über die Politik der Bundesstadt in den vergangenen Legislaturen. «Es gibt mein Quartier, meinen Arbeitsort, meine Freizeitorte; die Gemeindegrenze ist für die Bevölkerung meist nicht so wichtig. Diese Betrachtung – ungeachtet, ob man fusioniert oder nicht – verdeutlicht, wie viele Möglichkeiten wir hätten, wenn wir uns als Grossraum verstehen würden», gibt sie zu bedenken. Ist Bern also mehr als nur ein Verwaltungsmoloch? «Ja, unbedingt. Zudem sind Verwaltungen enorm wichtig. Sie machen ihre Aufgabe hervorragend. Dort, wo Probleme oder Unzufriedenheit auftreten, muss die Regierung hinschauen und diese Gremien in den Dialog miteinbeziehen, um Verbesserungen zu erzielen.»

Melanie Mettler als Stadtpräsidentin. Die Motivation der erfahrenen Nationalrätin ist spürbar. Die Handschrift ebenfalls und ihr Herz schlägt für ein farbiges Bern für alle. «Die Politik muss mithelfen, die Lebensqualität hoch zu halten, den Wohlstand zu erhalten und das auch für die kommenden Generationen. Wir müssen fähig sein, auf Veränderungen zu reagieren und für diese zu investieren», meint sie zusammenfassend. Über das ‹Wie› lässt sie keine Zweifel mehr offen: indem man die Fesseln der Eintönigkeit sprengt.

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